Ausschnitt aus "Kaltfleisch IV - Sinnliche Särge"

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Während Asperger beim Asiaimbiss das Essen für die Nachtschicht holte, zeichnete Jens an der Laderampe einen neuen Lieferschein ab. Asperger würde sich aktuell mit der Vielzahl an Gerichten auf der Leuchttafel über dem Tresen abmühen. Deren offensichtliche Rechtschreibfehler wie ein geheimnisvoller Glühkäfer Tag und Nacht leuchteten. Zögern, ob er lieber Mu Shi Lek mit Reis und Fisch, oder doch Schweinefleisch Süß-sauer nehmen sollte. Leichte Kost für harte Jungs. Am Ende würde er sich für Schweinefleisch entscheiden. Weil die süß-saure Sauce ihn an die Gärungsprozesse im Inneren ihrer Kunden erinnerte. Und weil es zu Dreckschweinen wie ihnen passte.
„Wir haben eine neue Lieferung bekommen. Der Amtsarzt hat sie gerade freigegeben.“
„Gab es Zweifel bei ihrer Todesursache?“
„Falscher Alarm sozusagen. Sie ist an ihrem eigenen Fett erstickt.“
„Also eine aus dem Spezialitätenkabinett.“
Grinsend führte Jens ihn nach hinten. Lüftete das Leichentuch wie ein schmutziges Geheimnis. Darunter lag ein Fleischberg mit aschblonden Korkenzieherlocken. Braune Schweinsäuglein zwinkerten ihnen lüstern zu. Die Sau wollte es mit jeder Speckfalte ihres Körpers. Man musste nur aufpassen, dass man die richtige erwischte. Aber war es denn so wichtig? Selbst in ihren Rettungsringen konnte man seinen Schwanz bis zum Anschlag versenken. Asperger hatte nichts gegen korpulente Frauen. Er liebte sie für ihre großen Brüste. Allerdings trug die Hausfrau auf der Bahre keine geblümte Kittelschürze, sondern eine Fettschürze, die wie ein Erdrutsch ins Tal gedonnert war. Man würde einen Suchtrupp schicken müssen, um ihre Fotze freizugraben. Bernhardiner, die sie an den Haaren aus dem Fett zogen. Vielleicht hätten sie sie einfach umdrehen sollen, und in den Arsch ficken. Aber Asperger hatte keinen Bock auf die braune Nummer. Und er war schon froh, dass Jens sie überhaupt auf den Tisch bekommen hatten. Da mussten die Dumpfmuffen des Amtsarztes ihre Finger mit im Spiel gehabt haben.
„Alter, das nenne ich mal einen dicken Brummer.“
„Halt die Klappe und hilf mir lieber.“
„Gerne, wobei?“
„Du musst ihren Bauch halten, während ich sie ficke.“
Fassungslos starrte Asperger ihn an. Dann brach er in hysterisches Gelächter aus. Jens beruhigte ihn mit einer präzise platzierten Ohrfeige.
„Au!“
„Ich möchte, dass du deine Aufgabe ernst nimmst. Wenn du abrutscht, kann mir das Biest die Eier zerquetschen.“
„Und was habe ich davon?“
„Du bekommst die Stute nach mir. Frisch eingeritten sind sie weniger störrisch.“
„Brüderlich geteilt?“
„Mit Mutters Erlaubnis.“
Was Jens von ihm verlangte, klang leicht. Doch ihre Fettschürze war unnachgiebig wie erstarrte Lava. Mit gezielten Faustschlägen modellierte er die talgige Masse. Wenn er mit der Kerze fertig war, konnte Jens seinen Docht ansetzen. Und Markus später auch. Grinsend drückte er den Berg nach oben. Kellerasseln rannten davon, vom Licht geblendet. Darunter kam ein rotblondes Büschel zu Tage. Und ihre zarte Blume, die ein intensives Bouquet verströmte. Wie lange mochte dieser anmutige Grubenschacht ein Schattendasein geführt haben?
„Feiern wir die Freilegung der Bärenhöhle mit einem Spatenstich.“
Selten waren die beiden sich näher als in diesem Moment. Ein schierer Akt der Notwendigkeit, echte Ritter kreuzten nicht die Schwerter. Markus standen die Schweißperlen auf der Stirn. Offensichtlich war es anstrengender, ihr den Wanst zu halten. Als sie zu pimpern. Jens wirkte so cool und lässig wie immer. Nur anhand seiner Augen, die wie zwei milchige Murmeln auf Reisen gingen. Ahnte man, dass im roten Plüsch seines Kopfkinos der Projektor ratterte. Asperger wollte gar nicht wissen, woran sein Freund dachte. Wahrscheinlich an Mutter. Ihm selbst genügten die tiefen Abgründe seiner eigenen Fantasien.
„Verdammte Scheiße!“
Plötzlich platzte ihre Bauchdecke auf. Gedärme glitten Markus durch die Finger, und rutschten zu Boden. Der Fußboden hatte sich in eine unkontrollierbare Schlangengrube verwandelt. Ihre Darmschlingen zuckten wild durcheinander wie Starkstromkabel. Trat man auf das falsche Ende, platzte die Wurstpelle, und ein Gemisch aus Gasen und längst verdauten Essensresten drückte heraus. Spritzte. Kleckste. Jens geriet in ihren glitschigen Überresten ins Straucheln, und riss Asperger mit zu Boden. Es war eine gehörige Schweinerei.

*

Stundenlang putzten und wienerten sie die Kühlhalle, bis es wieder einigermaßen annehmbar aussah. Sie hatten mit vielem gerechnet, aber nicht damit. Der Raum stank wie das alte Pissoir am Bemmelsbacher Bahnhof, wo sich Stricher und Drogensüchtige die Klinke gaben. Alte Scheiße, die in den Mörtelfugen getrocknet war. Wenn das Landleben vor die Hunde ging, wie sollte es dann erst in der Stadt aussehen? Asperger, der trotz seiner sonderbaren Neigungen zu einer allzu empfindlichen Nase neigte, hatte die Klimaanlage angestellt. Sanft wurde der körnige Geruch in die Lüftungsschlitze gezogen. Durch Filter gejagt, und als frische Luft in den Himmel geblasen. Ein Bestattungsinstitut musste sich an strenge Umweltauflagen halten. Ihren Bauch hatte Jens mit grobem Garn wieder zugenäht. Da kamen ihm seine Erfahrungen in der Bastelgruppe des Hospiz zugute.
„Jetzt bin ich dran.“
„Spinnst du? Ich bin froh, wenn sie es ohne weitere Zwischenfälle bis zur Beerdigung schafft. Ihre Fotze hält keinen weiteren Ritt aus. Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen. Aber das Pony bleibt im Stall.“
„Ich könnte sie in den Hals poppen.“
„Das ist natürlich ein Argument.“
Jens hielt sie fest, als sein Kumpel tief in ihren Hals eindrang. Die Matrone trotzte den Stößen, wie ein Segelschiff im Wind. Doch er würde das Steuerrad nicht loslassen, bei seiner schwarzen Seele! Eine übelriechende Flüssigkeit sickerte durch seine Finger. Doch der Bauch hielt. Sie hatten ganze Arbeit geleistet.
„Meinst du, das hält bis zur Beerdigung?“
„Wen kümmert es? Wir ziehen ihr ein Korsett an, zur Sicherheit. So können wir sie auch mit offener Kiste in die Besuchsräume stellen. Ihr Mann hat mir einen Kittel dagelassen, den sie zu Lebzeiten getragen hatte. Was darunter passiert, wird keinen interessieren. Und selbst wenn: Wer ohne Sünde ist, der greife als erstes in den Sarg.“
Jens holte aus seinem Geheimversteck in der Kühlkammer einen Whiskey, den er sich für besondere Gelegenheiten aufsparte. Er servierte ihn mit Eis aus den Kühlrippen des Leichenschranks. Er würde ihn bald abtauen müssen.
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